Nachdem Datum, Zeit und der Ort, an dem die Hauptversammlung stattfinden soll, festgelegt wurden, kann man mit der Erstellung des Einberufungstextes beginnen.
Neben diesen Angaben gem. § 121 Abs. 3 S. 1 AktG muss zudem die Tagesordnung in der Einberufung angegeben werden1. Wie oben bereits dargestellt wurde, muss der Hauptversammlung der Jahresabschluss vorgelegt werden2. Dies stellt in den meisten Fällen den ersten Punkt der Tagesordnung dar. Über diesen Punkt findet meist keine Abstimmung statt, da der Jahresabschluss in den meisten Fällen durch den Vorstand und den Aufsichtsrat festgestellt wird3. Eine Feststellung durch die Hauptversammlung erfolgt nur dann, wenn Vorstand und Aufsichtsrat dies beschließen. Die weiteren Tagesordnungspunkte ergeben sich aus § 119 Abs. 1 AktG.
Weist die Bilanz einen Jahresgewinn aus, so muss über dessen Verwendung ein Hauptversammlungsbeschluss herbeigeführt werden4. Der Inhalt richtet sich nach § 174 Abs. 2 AktG. So sind im Beschlussvorschlag des Vorstandes und des Aufsichtsrates neben der Höhe des Bilanzgewinns auch der Betrag, der an die Aktionäre ausgeschüttet werden soll, der Betrag, der in die Gewinnrücklagen eingestellt werden soll und der Betrag für einen eventuellen Gewinnvortrag anzugeben. Da dieser Punkt eng mit der Vorlage des Jahresabschlusses verknüpft ist, wird dieser meist im Anschluss daran auf die Tagesordnung gesetzt.
Bei jeder ordentlichen Hauptversammlung wird zudem über die Entlastung der Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats abgestimmt. Bereits bei der Erstellung der Tagesordnung ist es hilfreich, hierbei bereits zu berücksichtigen, ob über die Entlastung des Vorstands und des Aufsichtsrats im Wege der Blockentlastung oder der Einzelentlastung abgestimmt werden soll. Als Regelfall sieht das Gesetz die Blockentlastung an5. Hierbei wird über die Entlastung aller Mitglieder des Vorstands bzw. des Aufsichtsrats in einem Abstimmungspunkt entschieden. Soll ein Organmitglied nicht entlastet werden, muss also in der Praxis allen Mitgliedern des betroffenen Organs die Entlastung verweigert werden. Eine im Vorfeld angesetzte Einzelentlastung wird zwar kritisch gesehen, ist aber nach herrschender Meinung zulässig6. Ihr kommt in der Praxis dann häufig große Bedeutung zu, wenn kritische Geschäftsvorfälle vorliegen, die in den Verantwortungsbereich eines einzelnen Organmitglieds fallen. Wird ein solcher Vorfall von den Aktionären missbilligt, haben sie die Möglichkeit, dem hierfür verantwortlichen Organmitglied die Entlastung zu verweigern, die anderen Mitglieder dieses Organs jedoch zu entlasten. Zudem bietet die Einzelentlastung die Möglichkeit der gegenseitigen Entlastung innerhalb des Organs, wenn die Organmitglieder selbst Aktien halten. Bei einer Blockentlastung müssten die Stimmen aller Organmitglieder ausgeschlossen werden7. Bei einer Einzelentlastung sind nur die Stimmen des zu entlastenden Mitglieds betroffen.
Ein weiterer Punkt, der auf die Tagesordnung jeder ordentlichen Aktionärsversammlung gesetzt werden muss, ist die Wahl eines Abschlussprüfers. Die Pflicht zur Prüfung des Jahresabschlusses durch einen Abschlussprüfer ergibt sich aus § 316 HGB. Der Abschlussprüfer muss von den Aktionären gewählt werden8. Der Aufsichtsrat hat der Hauptversammlung hierfür einen Wahlvorschlag zu unterbreiten9. Bei der Auswahl sind die Ausschlussgründe des § 319 Abs. 2 bis 5 HGB und der §§ 319a und 319b HGB zu beachten.
Laufen die Mandate bisheriger Aufsichtsratsmitglieder, die von den Anteilseignern zu wählen sind ab, müssen die freien Plätze neu vergeben werden. Der Aufsichtsrat besteht aus mindestens drei Mitgliedern, kann aber durch die Satzung auch bis zur Höchstgrenze des § 95 AktG erhöht werden10. Beschäftigt eine Gesellschaft mehr als 2000 Arbeitnehmer richtet sich die Anzahl der Aufsichtsratsmitglieder nach den Regelungen des Mitbestimmungsgesetzes. Eine gesetzliche Sonderregelung gibt es zudem für Unternehmen des Bergbaus und der eisen- und stahlerzeugenden Industrie im Montanmitbestimmungsgesetz11. Entsprechende Wahlvorschläge werden auch hier ausschließlich vom Aufsichtsrat unterbreitet. Dies ist bei der Formulierung des Einberufungstextes zu beachten. Wird dies nicht ausdrücklich dargestellt, führt dies zu einer fehlerhaften Einberufung und die Wahl des Aufsichtsrates ist anfechtbar12. Bei der Auswahl geeigneter Wahlkandidaten, hat der Aufsichtsrat von kapitalmarktorientierten Unternehmen13 darauf zu achten, dass mindestens ein Aufsichtsratsmitglied unabhängig ist und über speziellen Sachverstand in den Bereichen Rechnungslegung und Abschlussprüfung verfügt14. Der Beschlussvorschlag muss neben dem Namen des Kandidaten auch den Wohnort und den ausgeübten Beruf enthalten15. Eine Angabe, ob die Hauptversammlung an Wahlvorschläge gebunden ist, muss seit der Aktienrechtsnovelle 2016 nicht mehr zwingend im Einberufungstext vorhanden sein, sondern nur dann, wenn dies tatsächlich der Fall ist. Diese Voraussetzung ist gegeben, wenn die §§ 6 und 8 des Montanmitbestimmungsgesetzes betroffen sind16. In der Praxis wird oft bereits in der Einberufung angegeben, ob die Kandidaten für die Aufsichtsratswahl anderen Aufsichtsräten oder anderen gesetzlich zu bildenden in- oder ausländischen Kontrollgremien angehören. Dies ist zwar für die Einberufung nicht notwendig, die Angaben sind aber Bestandteil der Mitteilungen nach § 125 AktG17 und werden deshalb in der Regel bereits in der Tagesordnung genannt18.
Bei dem Entwurf des Einberufungstextes sollte zudem rechtzeitig überprüft werden, ob neue gesetzliche Vorschriften oder organisatorische Maßnahmen eine Satzungsänderung erforderlich machen. Eine Satzungsänderung bedarf grundsätzlich eines Beschlusses der Hauptversammlung19. Nur wenn lediglich eine Fassungsänderung durchgeführt werden soll, kann diese von der Hauptversammlung auf den Aufsichtsrat übertragen werden20. Eine generelle Ermächtigung des Aufsichtsrates durch die Gründungssatzung ist hierbei möglich und durchaus gängig21. Eine Änderung der Fassung liegt dann vor, wenn nur der Wortlaut geändert wird und nicht der Inhalt22. Ein Beispiel hierfür ist z.B. die Änderung von Satzungsbestimmungen, die den Begriff „elektronischer Bundesanzeiger“ verwenden und dieser, aufgrund der Umbenennung des Bekanntmachungsmediums, in „Bundesanzeiger“ umgeändert wird.
Ebenso wie Satzungsänderungen bedürfen auch Kapitalmaßnahmen der Gesellschaft eines Hauptversammlungsbeschlusses. So ist beim Entwurf der Tagesordnung darauf zu achten, ob der Gesellschaft neues Kapital zugeführt werden soll, ob eine Umwandlung von Fremd- in Eigenkapital sinnvoll erscheint oder ob das Grundkapital herabgesetzt werden soll. Es ist daher sinnvoll, dass der Einberufungstext erst nach Aufstellung des Jahresabschlusses erstellt wird, um nach Analyse der Bilanzzahlen eventuell erforderliche Maßnahmen durchführen zu können. Wird der Text für die Einberufung dennoch vor der Feststellung des Jahresabschlusses entworfen, ist nach dessen Feststellung nochmals zu prüfen, ob eventuelle zusätzliche Tagesordnungspunkte aufzunehmen sind oder bestehende Beschlussvorschläge zu Kapitalmaßnahmen abgeändert werden müssen.
Weitere hauptversammlungsrelevante Tagesordnungspunkte für börsennotierte Aktiengesellschaften sind noch die Billigung des Vergütungssystems des Vorstandes und einer Abstimmung darüber, dass die individualisierte Offenlegung der Vorstandsbezüge23, unterbleiben kann24. Über die Billigung des Systems der Vorstandsbezüge25 kann die Hauptversammlung zwar abstimmen, das Ergebnis entfaltet jedoch keine Rechtswirkung und ist auch nicht anfechtbar26. Der Beschluss, die individualisierte Vergütung des Vorstandes nicht offenzulegen27, kann höchstens für fünf Jahre gefasst werden28. Unterbleibt die Offenlegung im Anhang zum Jahresabschluss, ist darauf zu achten, dass ein entsprechender Beschluss der Hauptversammlung fortbesteht, da ein Verstoß ein Bußgeld nach sich ziehen kann29 und zur Anfechtung der Entlastung des Vorstands und des Aufsichtsrats führen kann30.
- § 121 Abs. 3 S. 2 AktG
- § 175 Abs. 1 S. 1 AktG
- § 172 S. 1 AktG
- § 174 Abs. 1 S. 1 AktG
- folgend aus § 120 Abs. 1 S. 2 AktG
- Hüffer, Aktiengesetz, § 120, Rn. 10
- § 136 Abs. 1 AktG
- 318 Abs. 1 S. 1 HGB
- § 124 Abs. 3 S. 1 AktG
- § 95 AktG
- Ek, Praxisleitfaden für die Hauptversammlung, S. 132, Rn. 473
- Hüffer, Aktiengesetz, § 124 Rn. 18
- § 264d HGB
- § 100 Abs. 5 AktG
- § 124 Abs. 3 S. 1 AktG
- § 101 Abs. 1 S. 2 AktG
- § 125 Abs. 1 S. 5 AktG
- Ek, Praxisleitfaden für die Hauptversammlung, S. 134, Rn. 480
- § 179 Abs. S. 1 AktG
- § 179 Abs. 1 S. 2 AktG
- Hüffer, Aktiengesetz, § 179, Rn. 11
- Grigoleit, Aktiengesetz, § 179, Rn. 9
- wie sie § 285 S. 1 Nr. 9a HGB im Anhang zum Jahresabschluss fordert
- § 286 Abs. 5 S. 1 HGB
- § 120 Abs. 4 S. 1 AktG
- § 120 Abs. 4 S. 2 AktG
- § 286 Abs. 5 S. 1 HGB
- § 285 Abs. 5 S. 2 AktG
- §§ 334 Abs. 1 Nr. 1 d, 2 f, Abs. 3 HGB
- § 243 Abs. 1 AktG