Wollen Aktionäre erreichen, dass auf der Hauptversammlung nicht nur über die veröffentlichten Tagesordnungspunkte, sondern auch über zusätzliche Punkte, Beschluss gefasst wird, können sie einen Antrag auf Erweiterung der Tagesordnung stellen1. Solch ein Erweiterungsantrag muss einer börsennotierten Aktiengesellschaft 30 Tage vor der Hauptversammlung, einer Gesellschaft, die nicht börsennotiert ist, 24 Tage vor dem Tag der Hauptversammlung zugehen2.
Antragsberechtigt sind nur Aktionäre, deren Anteil an der Gesellschaft mindestens fünf Prozent des Grundkapitals oder 500.000 Euro beträgt3. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, sollten die zusätzlichen Tagesordnungspunkte idealerweise mit der Einberufung bekanntgemacht werden. In der Praxis geht der Gesellschaft ein Antrag auf Erweiterung der Tagesordnung meist erst nach der Einberufung zu, da erst ab diesem Zeitpunkt bekanntgemacht wird, welche Punkte die Tagesordnung enthält4. Eine Veröffentlichung des zusätzlichen Tagesordnungspunktes mit der Einberufung im Bundesanzeiger ist daher meist nicht möglich. In diesem Fall muss die Bekanntmachung der Tagesordnungserweiterung unverzüglich nach dem Zugang und der Prüfung des Antrags erfolgen5. Auch die Bekanntmachung eines zusätzlichen Tagesordnungspunktes erfolgt über den Bundesanzeiger6. Eine bloße Veröffentlichung des Erweiterungsverlangens auf der Internetseite der Gesellschaft ist somit nicht ausreichend. Vielmehr muss die Tagesordnungserweiterung allen Empfängern der Einladung zugeleitet werden7. Dies hat hohe praktische Relevanz. Geht der Tagesordnungserweiterungsantrag der Gesellschaft erst kurz vor Fristende zu, sind die Einladungen für die Hauptversammlung oft bereits gedruckt. Es muss somit entweder ein Neudruck veranlasst werden oder die bestehenden Einladungen müssen mit einem Beiblatt ergänzt werden, wenn eine Neukonzeption zeitlich nicht mehr möglich ist. Aus praktischen Gründen sollte der Versand der Einladungen an die Banken deshalb erst nach Ablauf der Frist für eine Erweiterung der Tagesordnung erfolgen8.
Stellt ein Aktionär einen Antrag auf Tagesordnungserweiterung, muss er der Gesellschaft gegenüber nachweisen, dass er seit über 90 Tagen vor dem Zugang des Erweiterungsantrages Inhaber der Aktien ist9. Diese konkrete Regelung wurde mit der Aktienrechtsnovelle 2016 eingeführt und gilt für alle Erweiterungsanträge, die der Gesellschaft ab dem 01. Juni 2016 zugehen. Die Neufassung des § 122 Abs. 1 S. 3 AktG stellt Rechtssicherheit her, da es vorher umstritten war, ob für die Aktienbesitzzeit der Tag des Zugangs des Verlangens oder der Tag der Hauptversammlung relevant ist.
- § 122 Abs. 2 AktG
- § 122 Abs. 2 S. 3 AktG
- § 122 Abs. 1 S. 3 AktG
- Butzke, Die Hauptversammlung der Aktiengesellschaft, S. 60, Rn. 114
- § 124 Abs. 1 S. 1 AktG
- Ek, Praxisleitfaden für die Hauptversammlung, S. 42, Rn. 155
- Butzke, Die Hauptversammlung der Aktiengesellschaft, S. 61, Rn. 115
- Butzke, Die Hauptversammlung der Aktiengesellschaft, S. 62, Rn. 116
- § 122 Abs. 1 S. 3 AktG