Eine korrekte Versammlungsleitung ist Voraussetzung für einen reibungslosen Ablauf der Hauptversammlung und eine gute Darstellung des Unternehmens nach außen. Deshalb ist es empfehlenswert, dem Versammlungsleiter zur Vorbereitung auf die Versammlung und zur Durchführung der Versammlung einen Leitfaden an die Hand zu geben, der vorlesefertig den gesamten Versammlungsverlauf abbildet. Der Leitfaden sollte gut lesbar sein und Regieanweisungen enthalten, wie bei kritischen Situationen zu verfahren ist.
Der Versammlungsablauf stellt sich in der Regel immer gleich dar. Zu Beginn der Versammlung erläutert der Versammlungsleiter die notwendigen Formalien. Dies beinhaltet unter anderem die Feststellung der fristgerechten Einberufung der Versammlung, eine Feststellung über die Vollzähligkeit des Aufsichtsrats und eine Vorstellung des Notars, der die Versammlung protokolliert. Er legt den Präsenzbereich fest und gibt Hinweise auf das Verfahren der Präsenzermittlung und der Zugänglichmachung des Teilnehmerverzeichnisses. Die notwendigen Regelungen zur Durchführung der Generaldebatte werden erläutert und die Art und das Verfahren der Abstimmung erklärt.
Im zweiten Teil beginnt der Versammlungsleiter mit der Behandlung der Tagesordnung. Unter Tagesordnungspunkt 1 wird bei einer ordentlichen Hauptversammlung meist die Vorlage des festgelegten Jahresabschlusses, des Lageberichts und des Berichts des Aufsichtsrats für das vergangene Geschäftsjahr behandelt. Hierauf gibt der Aufsichtsrat seinen Bericht ab und bittet anschließend den Vorstand um seinen Bericht zur Erläuterung des Jahresabschlusses. Nach dem Bericht des Vorstandes ruft der Versammlungsleiter meist die übrigen Tagesordnungspunkte auf und verkündet eventuell bereits die erste Präsenz.
Anschließend erfolgt die Eröffnung der Generaldebatte. Diese stellt oftmals die größte Herausforderung für den Versammlungsleiter dar. Gerade dann, wenn das Geschäftsjahr einen schlechten Verlauf hatte oder das Unternehmen durch negative Pressemeldungen in die Schlagzeilen geraten ist, gibt es oftmals viele Fragen von Seiten der Aktionäre und hitzige Diskussionen. Um dennoch einen geordneten Versammlungsablauf sicherzustellen, wird dem Versammlungsleiter zur Unterstützung ein Sonderleitfaden zur Verfügung gestellt. Dieser beinhaltet z.B. einen rechtlich möglichst unangreifbaren Redetext für die Beschränkung der Redezeit der Aktionäre, für die Behandlung von auf der Versammlung gestellten Geschäftsordnungsanträgen, zur Aufforderung an einen Aktionär, das Rednerpult oder, als Ultima Ratio, den Versammlungsraum zu verlassen oder für die Schließung der Rednerliste.
Sollte dem Vorstand zur Beantwortung der Aktionärsfragen ein Back-Office zur Verfügung stehen, ist es sinnvoll, den Versammlungsleiter im Leitfaden darauf hinzuweisen, dass alle Redebeiträge vom Rednerpult aus gestellt werden müssen. Sollte sich ein Zwiegespräch zwischen Vorstand und einem Aktionär ergeben, der nicht vom Mikrofon aus spricht, ist dies für die Personen im Back-Office nicht hörbar, wenn sich die Räume für die Stenografen und die Spezialisten außerhalb des Versammlungsraumes befinden.
Zum Ende der Generaldebatte sollte der Versammlungsleiter ausdrücklich nachfragen, ob alle Fragen der Aktionäre beantwortet sind. Meldet sich hierauf kein Aktionär, wird dies als konkludenter Verzicht auf das Fragerecht gewertet1.
Anschließend folgt der Eintritt in die Abstimmungen. Hierzu werden die Tagesordnungspunkte mit den Beschlussvorschlägen nochmals verlesen und die Art der Abstimmung und das Abstimmverfahren erläutert. Vor dem Einsammeln der Stimmen wird meist nochmals die aktuelle Präsenz verkündet und das Teilnehmerverzeichnis zugänglich gemacht um den Bestimmungen des § 129 Abs. 4 S. 1 AktG nachzukommen. Um den Aktionären die Stimmabgabe zu ermöglichen, sollte der Versammlungsleiter ausdrücklich darauf hinweisen, wann er die Abstimmung eröffnet und, auf Nachfrage, ob alle Aktionäre die Möglichkeit hatten, ihre Stimme abzugeben, wann er die Abstimmung wieder schließt.
Nach Auszählung der Stimmen wird das Abstimmungsergebnis verlesen. Hierzu sollte dem Versammlungsleiter ein vorlesefertiger Text zur Verfügung gestellt werden, der vorher mit den Rechtsberatern der Gesellschaft abgestimmt wurde, da der Beschluss mit dem Inhalt wirksam wird, den der Versammlungsleiter verkündet2.
Sind alle Ergebnisse verkündet, kann der Versammlungsleiter die Versammlung schließen.
Der Leitfaden dient nicht nur dem Versammlungsleiter als „Drehbuch“ für die Hauptversammlung, sondern kann auch an die auf der Versammlung tätigen Mitarbeiter ausgehändigt werden, um diese über den Ablauf der Versammlung zu informieren (z.B. Videotechnik, Abstimmtechnik).