
Jeder teilnehmende Aktionär und jeder bevollmächtigte Aktionärsvertreter hat gem. § 131 AktG das Recht, in der Hauptversammlung Redebeiträge abzugeben und Fragen zum abgelaufenen Geschäftsjahr zu stellen. Dieses Recht haben auch Anteilseigner, die zwar teilnahmeberechtigt aber nicht stimmberechtigt sind1. Dies soll dem Aktionär dazu dienen, die Gegenstände der Tagesordnung sachgemäß beurteilen zu können2. Der Aktionär kann Fragen zu allen Angelegenheiten der Gesellschaft stellen. Dies betrifft unter anderem die Finanz-, Vermögens- und Ertragslage, die Geschäftspolitik und die Darstellung des Unternehmens in der Öffentlichkeit3. Oftmals ist zur Beurteilung des Geschäftsverlaufes auch die Beziehung zu Vertragspartnern entscheidend4.
Das Rederecht des Aktionärs kann von bestimmten Formalien abhängig gemacht werden5. So kann der Versammlungsleiter festlegen, dass sich die Aktionäre, die ihr Rede- und Fragerecht ausüben wollen, am Wortmeldetisch anmelden und eine Wortmeldung abgeben müssen. Dies ist sinnvoll, damit der Versammlungsleiter einen Überblick behält, wer einen Redebeitrag abgeben will und in welcher Reihenfolge sich die Redner zu Wort gemeldet haben. Zudem kann der Aktionär auf dem Wortmeldeformular bereits Angaben zu den Tagesordnungspunkten machen, zu denen er sprechen will. Erachtet der Versammlungsleiter dies für sinnvoll, kann er von der Reihenfolge der eingereichten Wortmeldungen abweichen. Er hat dann aber nach sachlichen Gesichtspunkten vorzugehen und den Gleichbehandlungsgrundsatz gem. § 53 a AktG zu beachten6. Bei vielen Versammlungen werden oftmals die Vertreter der großen Aktionärsvereinigungen vorgezogen, da diese die Interessen mehrerer Kleinanleger vertreten und oftmals einen umfangreichen Fragenkatalog vortragen, der Fragen anderer Aktionäre bereits beinhaltet7. Ebenso ist es gerechtfertigt, einem Aktionär, der im Vorfeld der Versammlung bereits einen Gegenantrag angekündigt hat, die Möglichkeit zu geben, diesen Gegenantrag zu Beginn der Generaldebatte zu stellen und zu begründen8.
Damit der Aktionär von den anderen Versammlungsteilnehmern gut verstanden wird, kann der Versammlungsleiter festlegen, dass alle Redebeiträge und Fragen von einem Rednerpult mit Mikrofon gestellt werden müssen. Dies ist auch notwendig, wenn die Fragen des Aktionärs zur Beantwortung ins Back-Office übertragen werden sollen.
Um eine unvollständige oder unsachliche Antwort des Vorstands zu provozieren, versuchen Aktionäre oftmals, vom Saal aus durch Zwischenrufe oder Zwischenfragen in einen Dialog mit dem Vorstand zu treten. Lässt sich dieser darauf ein, kann das Back-Office diese Fragen nicht protokollieren und nicht überwachen, ob der Vorstand diese vollständig und sachlich beantwortet hat. Um dies zu unterbinden und um einen geregelten Ablauf der Generaldebatte zu gewährleisten, sollte der Versammlungsleiter streng darauf achten, dass der Redner erst nach Erteilung des Wortes vom Rednerpult aus spricht.
Es kommt vor, dass Aktionäre versuchen, mit wiederholtem Nachfragen, die Generaldebatte in die Länge zu ziehen. In diesem Fall kann der Versammlungsleiter die Redezeit unter gewissen Voraussetzungen beschränken, um zu erreichen, dass die Versammlung in einer angemessenen Zeit beendet werden kann9. Als Richtwert benennt der Deutsche Corporate Governance Kodex vier bis sechs Stunden für die Durchführung einer ordentlichen Hauptversammlung10. Bei Hauptversammlung mit kritischen Punkten, wie etwa Strukturbeschlüssen, darf der Versammlungsleiter zehn bis zwölf Stunden als Obergrenze ansehen, wenn dadurch Mitternacht nicht überschritten wird11. Eine allgemeine Redezeitbeschränkung kann nicht nach Belieben verordnet werden, sondern ist nur dann gerechtfertigt, wenn zu erwarten ist, dass die zeitlichen Grenzen der Hauptversammlung nicht eingehalten werden12. Dies ist z.B. dann der Fall, wenn zu Beginn der Generaldebatte bereits so viele Wortmeldungen vorliegen, dass absehbar ist, dass der zeitliche Rahmen voraussichtlich übertroffen wird. Ebenso kann die Redezeit beschränkt werden, wenn im Verlauf der Generaldebatte eine hohe Anzahl an Wortmeldungen eingeht13. Eine vorsorgliche Redezeitbeschränkung ohne sachlichen Grund ist nicht zulässig14. Auch wenn die Redezeit beschränkt wird, sollte dem Aktionär eine Mindestredezeit von zehn Minuten eingeräumt werden15.
Gibt es in der Satzung eine Regelung im Sinne des § 131 Abs. 2 S. 2 AktG ist auch eine Beschränkung des Fragerechts möglich. Gibt es keine solche Regelung, wird die Zeit, während der Fragen gestellt werden, nicht auf die Redezeit angerechnet16.
Ist trotz einer Redezeitbeschränkung eine Beendigung der Generaldebatte in einer angemessenen Zeit nicht absehbar, kann der Versammlungsleiter als weiteren Schritt die Rednerliste schließen17. Die bereits angemeldeten Redner können dann ihren Wortbeitrag noch erbringen, zusätzliche Redner werden allerdings nicht mehr zugelassen. Genügt auch diese Maßnahme nicht, kann als Ultimo Ratio der Schluss der Debatte angeordnet werden18. Hierdurch werden auch bereits entgegengenommene Wortmeldungen gegenstandslos19. Voraussetzung hierfür ist, dass eine vorherige Androhung erfolgt20. Die Anordnung des Versammlungsleiters, die Debatte zu beschließen ist nur dann rechtmäßig, wenn trotz Redezeitbeschränkung und Schließung der Rednerliste nicht sichergestellt werden kann, dass die Versammlung spätestens bis Mitternacht beendet werden kann21.
Neben einer allgemeinen Redezeitbeschränkung kann eine solche auch für einen einzelnen Aktionär verhängt werden. Der Versammlungsleiter muss diese vorher androhen und der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit darf nicht aus den Augen verloren werden. So muss die Rechtsbeschränkung sachlich erforderlich sein, das mildeste mögliche Mittel darstellen und unter einer umfassenden Güterabwägung verhältnismäßig sein22.
Missachtet ein Aktionär eine allgemeine oder individuelle Redezeitbeschränkung, muss der Versammlungsleiter diesen erst abmahnen und den Wortentzug androhen. Kommt der Aktionär dieser Aufforderung des Versammlungsleiters nicht nach, kann dieser dem Redner das Wort entziehen. Dies kann z.B. durch Abschalten des Mikrofons erfolgen23. Verlässt der Redner das Rednerpult nach einer weiteren Aufforderung nicht, kann der Versammlungsleiter diesen durch Ordner vom Rednerpult oder, als Ultimo Ratio, aus dem Saal entfernen lassen24.
Beschränkt der Versammlungsleiter das Rede- und Fragerecht zu Unrecht, stellt dies eine Möglichkeit der Anfechtung der auf der Hauptversammlung gefassten Beschlüsse dar25.
- Hüffer, Aktiengesetz, § 131, Rn. 3.
- Hüffer, Aktiengesetz, § 131, Rn. 1.
- Wachter, Aktiengesetz, § 131 Rn. 10.
- Hüffer, Aktiengesetz, § 131, Rn. 11.
- Butzke, Die Hauptversammlung der Aktiengesellschaft, S. 143, Rn. 32.
- Ek, Praxisleitfaden für die Hauptversammlung, S. 78, Rn. 289.
- Ek, Praxisleitfaden für die Hauptversammlung, S. 78, Rn. 289.
- Ek, Praxisleitfaden für die Hauptversammlung, S. 78, Rn. 289.
- Ek, Praxisleitfaden für die Hauptversammlung, S. 79, Rn. 291.
- Deutscher Corporate Governance Kodex (DCGK), Nr. 2.2.4.
- Hüffer, Aktiengesetz, § 129, Rn. 29.
- Hüffer, Aktiengesetz, § 129, Rn. 29.
- Ek, Praxisleitfaden für die Hauptversammlung, S. 79, Rn. 293.
- Ek, Praxisleitfaden für die Hauptversammlung, S. 79, Rn. 293.
- Ek, Praxisleitfaden für die Hauptversammlung, S. 80, Rn. 294.
- Ek, Praxisleitfaden für die Hauptversammlung, S. 82, Rn. 301.
- Hüffer, Aktiengesetz, § 129, Rn. 30.
- Hüffer, Aktiengesetz, § 129, Rn. 21.
- Ek, Praxisleitfaden für die Hauptversammlung, S. 81, Rn. 298.
- Ek, Praxisleitfaden für die Hauptversammlung, S. 81, Rn. 298.
- Ek, Praxisleitfaden für die Hauptversammlung, S. 81, Rn. 298.
- Wachter, Aktiengesetz, § 129 Rn. 45.
- Ek, Praxisleitfaden für die Hauptversammlung, S. 82, Rn. 302.
- Ek, Praxisleitfaden für die Hauptversammlung, S. 82, Rn. 302.
- Hüffer, Aktiengesetz, § 243, Rn. 17.